Gloss-ip: Antiziganismus im Bezirksamt. Franziska Giffey (10.09.2020)

Bundes-Familienministerin Giffey hat 2009 eine Doktorarbeit vorgelegt, die nun auch uns beschäftigt.
Weniger weil sich auch in diesem Fall ParteipolitikerInnen unbedingt einen Doktortitel zulegen wollen, und deshalb - sei es aus Unfähigkeit oder Desinteresse - Arbeiten vorlegen, die wissenschaftlich unhaltbar sind und von Plagiaten strotzen.
Vielmehr müssen wir den Antiziganismus in der Doktorarbeit von Franziska Giffey würdigen.

"Im Norden Neuköllns gibt es seit einigen Jahren, vor allem seit dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens zur Europäischen Union, einen wachsenden Zuzug von Roma - Familien, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Stämmen, eine ethnisch sehr heterogene Gruppe bilden. Die Familien organisieren ihre Lebensweise und Kultur überwiegend in Clanstrukturen. Sie haben sprachlich und interkulturell bedingt große Hemmnisse oder Vorbehalte in Bezug die Inanspruchnahme von staatlichen Angeboten der offenen, ambulanten und stationären Jugendhilfe und von allgemeiner Familienberatung."

Während deutsch-Deutsche Herkunft und Familie haben, werden bei Roma "unterschiedliche Stämme" und "Clanstrukturen" festgestellt, was in der deutsch-volkskundlichen Tradition für Primitivität und Kriminalität steht. Warum eine "ethnisch sehr heterogene Gruppe" (immerhin kommen die Leute aus verschiedenen Landesteilen in Rumänien und Bulgarien) klassifiziert werden muss, hat wohl mit den interkulturellen Vorbehalten der Doktorantin zu tun.

Weiter im Text:
"Gleichzeitig haben die meisten den Wunsch nach einem dauerhaften Aufenthalt in Deutschland. Mit dieser Situation sind einige gravierende Problemlagen verknüpft. Viele Kinder besuchen nur unregelmäßig die Schule oder sind komplett schuldistanziert. Es gibt Verwahrlosungstendenzen aus der Perspektive der nach westeuropäischen Maßstäben aufgestellten Kinderschutzrichtlinien. Daraus resultieren Nachbarschaftskonflikte und Diskriminierungen durch andere ethnische Gruppen, vor allem seitens der arabischen und türkischen Bewohner. Auffällig sind Vorkommnisse von sehr jungen (Zwangs-) Verheiratungen und arrangierten Ehen sowie Jugendprostitution. Diese Probleme treffen allerdings nicht nur für die ethnische Gruppe der Roma, sondern auch für andere Gruppen zu. Weitere Problemfelder sind ein ungeklärter Aufenthaltsstatus, Kriegstraumatisierungen und Identitätsunsicherheiten bei einem nicht unwesentlichen Teil der Neuköllner Bevölkerung (Bezirksamt Neukölln 2008b)."

Und die Roma wollen BLEIBEN!. Deren Wunsch nach dauerhaftem Aufenthalt verknüpft Giffey mit "gravierenden Problemlagen", gar "Problemfelder(n)",sowie "Tendenzen", oder auch "Vorkommnissen", und stellt diese den „.. Maßstäben", "..Richtlinien", also den normativen Stereotypen entgegen.
Das führe, so weiter, zu Konflikten und Diskriminierung, nicht etwa mit oder durch deutsche Gruppen, sondern anderen Ethnien, sprich: "arabische und türkische Bewohner". Aber diese Problem-Lagen-Tendenzen-Felder werden dann auch irgendwie bei einem "nicht unwesentlichen Teil" all dieser Bevölkerung vom Neuköllner Bezirksamt registriert, dem Frau Giffey angehörte.

Wenn, wie hier behauptet, diese "Probleme … nicht nur für die ethnische Gruppe der Roma, sondern auch für andere Gruppen" zutreffen, warum macht die heutige Ministerin Giffey die Gruppe der Roma zum Gegenstand ihrer "Analyse"? Für uns kein Geheimnis. Es ist Antiziganismus.
Es ist auch kein Rätsel, warum sie über Diskriminierungen "vor allem seitens der arabischen und türkischen Bewohner" gegen Roma fabuliert und damit ihre deutsche "Ethnie" entlastet. Es ist Rassismus.

Die erhobenen Plagiatsvorwürfe bleiben im Formalen. Weit schwerer wiegt für uns, dass das bekannte Narrativ über die Minderheit weitergeschrieben und praktisch umgesetzt wird. Was früher die "Landfahrerdatei" und andere Datensammlungen über die Minderheit der Roma und Sinti waren, wurde im Bezirksamt als jährlicher "Roma-Statusbericht" (2011-2014) erfasst. Unter der Leitung von Frau Dr. Giffey.