Förderverein Roma kritisiert ordnungspolitische Willkür in Frankfurt am Main (05.11.2021)



Der Romni Eszter R. wurde am 25.10.2021 die gesamte Barschaft durch das Ordnungsamt Frankfurt weggenommen. Grund war angeblich das nachhaltige Ansprechen von Passanten. Es ging also nicht um aggressives Betteln, wie es ansonsten im Jargon des Amtes heißt. Der Frau wurde per Unterstellung das Geld zum Überleben für sich und die Familie entzogen, um sicher zu gehen, dass eine mögliche spätere Ordnungswidrigkeit auch bezahlt werden kann. Man könnte die Praxis als Diebstahl bezeichnen, denn allein die Restriktion der Behörde war ausschlaggebend, nicht die Klage von Menschen, die sich genötigt fühlten.

Eine besondere Bedeutung hat die Vorgehensweise deshalb, weil es sich bei der Frau um dieselbe Person handelt, in deren Pass 2018 ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes unrechtmäßig den Vermerk „Beim aggressiven Betteln angetroffen“ handschriftlich eintrug. Der Pass wurde durch den Vermerk ungültig und die Betroffene denunziert. Die Diensthandlung kritisierten die zuständigen Institutionen in Land und Kommune nachdrücklich und schlugen Schadensersatz vor. Zu dem Ausgleich kam es nicht, da die Frau unmittelbar nach dem Vorfall zurück nach Rumänien ging.

Es stellt sich offensichtlich die Frage, was letzten Endes eilfertige Bekundungen wert sind, wenn sich an der Verfahrensweise der Behörde nichts ändert. Diskriminierung oder rassistische Einstellungen kann man verbieten, Armut nicht. Erst recht nicht durch ordnungspolitische Willkür.

Der Förderverein Roma nimmt den Vorfall zum Anlass, um auf die zugespitzte prekäre Situation von Sinti und Roma hinzuweisen. Migration und Flucht hängen immer mit ökonomischer Perspektivlosigkeit, sozialer Ausgrenzung und rassistischer Gewalt zusammen. Im Oktober starb in Griechenland ein 20jähriger Rom, im Juli in Brasilien eine 14 jährige Romni und im Juni ein tschechischer Rom. Alle kamen durch Polizei oder Miliz ums Leben.

Übergriffe, Demütigungen und Racial Profiling, wie sie aktuell in Singen und in Freiburg von Roma und Sinti beschrieben werden, sind Gegenstand von Protesten und Beschwerden. Umfangreiche Untersuchungen des Zentralrats der deutschen Sinti und Roma, Dokumentationen über Diskriminierung und Ausgrenzung gegenüber der Minderheit stellen die Missachtung elementarer Menschenrechte dar und Verdeutlichen die Verankerung von tiefsitzenden Vorurteilen in der Mehrheit der Gesellschaft.